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»Das ist Markgraf Waldemars Ring!«

von Herbert Schwenk

Der Waldemar- Bluff im Poker der mittelalterlichen Politik

Es geschah mitten im ereignisreichen rauhen 14. Jahrhundert, im Frühjahr des Pestjahres 1348. Der Markgraf von Brandenburg, Ludwig der Ältere (1315–1361, Mgf. seit 1323), befand sich wieder einmal auf »Dienstreise« in Tirol. Da erschien zu Wolmirstedt, vor der Burg des Erzbischofs Otto von Magdeburg, ein alter, ergrauter »Pilgersmann« und bat um Einlaß.(1) Er habe dem Prälaten etwas Wichtiges mitzuteilen. Man wollte ihn abweisen, aber er beharrte auf einem Labetrunk. Nachdem der Alte einen kräftigen Zug getan, ließ er einen fürstlichen Siegelring in den Becher fallen. Diesen brachte man dem Erzbischof, und als dieser den Siegelring erblickte, rief er freudig: »Das ist Markgraf Waldemars Ring!« Daraufhin führte man den »Pilger« zu ihm.

Kaum hatte Erzbischof Otto den Fremden erblickt, bestätigte er dessen Identität mit dem vor 29 Jahren, am 14. August 1319, zu Bärwalde verstorbenen Markgrafen Waldemar (häufig auch Woldemar); es gebe keinen Zweifel, daß ebenderselbe vor ihm stehe.

Der Fremde bekannte sich als »Markgraf Waldemar«. Er habe sich als reuiger Pilger (»wegen Blutschande« infolge der Heirat der Enkelkinder Waldemar und Agnes von den Brüdern Johann I. von Stendal [1220–1266] und Otto III. von Salzwedel [1220–1267]) auf Wallfahrt zum Heiligen Grabe nach Palästina begeben, um sein Leben in Gebet und Buße zu vollenden. Sein Tod vor 29 Jahren sei nur eine Täuschung gewesen und an seiner Statt die Leiche eines anderen begraben worden. Als er aber gehört habe, wie sein geliebtes Land Brandenburg unter fremden Herrschern leide, habe er sich eiligst auf den Heimweg gemacht, um seinem Lande zu helfen. Der beeindruckte Erzbischof bestätigte die »Echtheit Waldemars«. Die Kunde verbreitete sich blitzschnell, und von allen Seiten strömten die Menschen herbei, um sich selbst von der Wiederkehr des geliebten Fürsten zu überzeugen. Niemand zweifelte an der »Rückkehr Waldemars«; alles an ihm schien echt – Gestalt, Gebärden, Sprache, alle Eigentümlichkeiten. Und dennoch: Alles war nur Imitation!

Das war vor 650 Jahren. Immer wieder hat der Waldemar- Bluff mit seinem Charme die Gemüter bewegt. Wie konnte diese kriminelle Affäre nur als echt angesehen werden? Wer hatte ein Interesse an der Fälschung? Wie war das inszenierte Spektakel in die »große« Politik eingebunden: in den letzten großen Kampf zwischen dem römisch- deutschen Kaiserreich und dem Papsttum im Mittelalter sowie in den Poker zwischen den Dynastien der Wittelsbacher und Luxemburger um die Herrschaft in der Mark Brandenburg nach dem Aussterben der Askanier? Und wie berührte eigentlich das kuriose Abenteuer die Doppelstadt Berlin- Cölln – damals vor 650 Jahren?

Zu jener Zeit, da sich der Bluff zu Wolmirstedt ereignete, waren schon über zwei Jahrhunderte vergangen, seitdem Brandenburg zum »Objekt der Begierde« deutscher Politik geworden war. (2) Rund eineinhalb Jahrhunderte herrschten die Askanier in der Mark Brandenburg. Es war die Zeit, da Berlin und Cölln entstanden, sich zu Handelsstädten mit vielen Privilegien und städtischen Freiheiten entwickelten und zur Doppelstadt zusammenwuchsen. Anfang des 14. Jahrhunderts ging die Herrschaft der Askanier in der Mark zu Ende. Brandenburg war unter verschiedene Vettern aus dem Hause der Askanier aufgeteilt, die jedoch rasch nacheinander starben, als letzte der kinderlose Markgraf Waldemar (um 1280–1319, Mgf. seit 1308) und schließlich dessen unmündiger Vetter Heinrich II. von Landsberg (1308–1320, Mgf. seit 1319). Waldemar, der auch mit den Titeln der »Große«, der »Kriegerische« oder der »Glorreiche« geschmückt wurde, der unaufhörlich Kriege gegen die Dänen führte, um die Mark zur Ostseemacht zu erheben, und der sogar die Absicht hatte, selbst römisch- deutscher Kaiser zu werden, hatte Brandenburgs Fläche auf mehr als 45 000 Quadratkilometer erweitert (zum Vergleich: heute umfaßt das Bundesland Brandenburg 29 059 Quadratkilometer). Dieses bedeutsame Territorium spielte nun nach dem Tode Waldemars in den Kämpfen zwischen den rivalisierenden Fürstenhäusern sowie zwischen Kaisertum und Papsttum eine beträchtliche Rolle. 1314 war Herzog Ludwig von Oberbayern aus dem Fürstenhaus der Wittelsbacher zum deutschen König Ludwig IV. (Ludwig der Bayer, 1314–1347) erhoben und damit Gegenkönig zu dem Habsburger Herzog Friedrich dem Schönen von Österreich (1314–1330) geworden. Es kam zum Kampf König Ludwigs mit dem in Avignon (Südfrankreich) residierenden Papst Johannes XXII. (1316–1334), dem letzten großen Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum, in dem Ludwig trotz des päpstlichen Bannfluchs (1324) Erfolge erzielte (Kaiserkrönung 1328), ohne dabei jedoch den Papst ausschalten zu können. (3)

In jenen Koordinaten der »großen« Politik bewegten sich die Ereignisse in der Mark Brandenburg nach dem Tode Markgraf Waldemars und dessen Beisetzung im Kloster Chorin im August 1319. Während die Mark Opfer territorialer Streitigkeiten benachbarter Fürsten und Herzöge wurde, gelang es Berlin- Cölln, aus der neuen Situation Vorteile zu ziehen. Zunächst übernahm Waldemars Witwe, Markgräfin Agnes (1296–1333), unter Vormundschaft ihres nächsten Verwandten, des Herzogs Rudolf I. von Sachsen- Wittenberg (1298–1356), die Regentschaft in der Mark. Am 30. September 1319 huldigte die Doppelstadt Agnes und Rudolf und nutzte die Gunst der Stunde, sich ein umfassendes Privileg ausstellen zu lassen. (4) Gegen das anwachsende Raubrittertum gründeten die Städte der Mittelmark und Niederlausitz im August 1321 in Berlin einen Städtebund, den sie später erneuerten. Nach dreijährigen Wirren war 1323 der eingangs erwähnte achtjährige Wittelsbacher Ludwig der Ältere von seinem Vater, König Ludwig dem Bayern, mit der Mark Brandenburg belehnt worden.

Dieser dynastische Wechsel bedeutete einen tiefen Einschnitt in der märkischen Geschichte. Stand die Mark bei den Askaniern (1157–1320) im Rang eines Hauptlandes, degradierten sie die Wittelsbacher (1323–1373) und später die Luxemburger (1373–1411) zum Nebenland ihrer Dynastien. Unter Markgraf Ludwig und seinen bayerischen Ratgebern konnten Anarchie und Verfall in der Mark nicht gestoppt werden. Berlin und Cölln wurden mehrfach bedrängt: Zum einen durch den verwilderten Landadel, der durch Fehden und Wegelagerei empfindlich den Landfrieden und das Wirtschaftsleben der Doppelstadt gefährdete; zum zweiten durch den Wittelsbacher Markgrafen, der die städtische Autonomie und die Privilegien der Doppelstadt zu beschränken versuchte, nachdem sich die Stadt aus politischen und wirtschaftlichen Gründen bereitwillig unterworfen hatte; zum dritten auch durch den Papst samt örtlichen Parteigängern, der den Berlinern verboten hatte, dem 1324 gebannten König Ludwig dem Bayern zu folgen, was schließlich zur spektakulären Ermordung von Propst Nikolaus (Niklaus) von Bernau am 16. August 1325 führte. (5)

Auch die Vorgänge, die sich zwei Jahrzehnte später in Berlin- Cölln ereigneten, belegen die Schärfe damaliger Auseinandersetzungen: Unter Ausnutzung eines Konflikts innerhalb der Bürgerschaft war es Markgraf Ludwig 1345/46 gelungen, zeitweilig die Berliner Autonomie zu brechen. Die Stadt lehnte sich gegen den Versuch auf, ihre Bürgerschaft durch den Bau eines markgräflichen Schlosses zu disziplinieren. (6)

Der Plan scheiterte, so daß das 1316 vollendete markgräfliche »Hohe Haus« am Franziskanerkloster in der Klosterstraße bis 1451 die Residenz der brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten blieb. Und noch etwas geschah 1346: König Karl von Böhmen aus dem Hause der Luxemburger (1346–1378, geb. 1316), seit 1355 berühmter Kaiser des römisch- deutschen Reiches, wurde zum Gegenkönig Ludwigs des Bayern gekürt. Ein Jahr später starb Ludwig, und Karl IV. war alleiniger deutscher König. Der Kampf gegen die Wittelsbacher um die Mark trat in ein neues Stadium.

In diese bewegte Zeit »platzte« des Waldemar- Imitators Auftritt auf der Bühne mittelalterlicher Politik. Ein »plötzlich« aufgetauchter »Askanier« kam den Luxemburgern »wie gerufen«, um die verbreitete Unzufriedenheit unter der Herrschaft der Wittelsbacher auszunutzen. »Wohl angestiftet vom Erzbischof von Magdeburg und den askanischen Fürsten von Sachsen und Anhalt«, vermutlich sogar von »den Gegnern der Wittelsbacher jahrelang auf seine Rolle vorbereitet«, (1) erschien der Imitator im Frühjahr 1348 am Wolmirstedter Hof des Erzbischofs Otto, der als erbitterter Feind der Wittelsbacher galt. Bluff- Waldemar wurde nun 1348 bis 1350 zum Werkzeug aller Feinde der Wittelsbacher und übernahm faktisch die Rolle eines Gegenmarkgrafen zu dem Wittelsbacher Ludwig dem Älteren. Bereitwillig huldigten ihm die askanischen Fürsten von Sachsen- Wittenberg und Anhalt sowie die meisten märkischen Städte. Auch Karl IV., der neue deutsche König, der die Hälfte seines Lebens auf Reisen war, sich 1347 bis 1350 immer auf der Flucht vor der Pest (8) befand und im Herbst 1348 gerade Lager bei Müncheberg hielt, erkannte mit seinem klugen politischen Verstand die Gelegenheit, den Imitator für seine Zwecke im Kampf gegen die Wittelsbacher und deren Verdrängung aus der Mark zu nutzen. Immerhin: Der echte »große« Waldemar war ja sein Schwager gewesen!

Nachdem Karl die »Echtheit« des Falschen hat »oberflächlich überprüfen« lassen und »man keine Bedenken« fand, erkannte er »seinen lieben Schwager und Fürsten« am 2. Oktober 1348 im Namen des Reiches an und belehnte ihn mit der brandenburgischen Markgrafschaft und Kurwürde. Dafür »half« der Falsche seinen Helfern; er versprach König Karl die Oberlausitz, Erzbischof Otto von Magdeburg Teile der Uckermark, den Fürsten von Mecklenburg das Land Stargard und den anhaltinischen Fürsten und Söhnen des Herzogs Rudolf von Sachsen das Erbe der Mark Brandenburg. Zum Wüten der Pest kamen nun verheerende Kriege zwischen Wittelsbachern und Anhängern des Waldemar- Imitators hinzu. Im September 1348 unterwarf Trug- Waldemar mit einem aus magdeburgischen und anhaltinischen Truppen gebildeten Heer die Altmark. »Da entstand ein großer Krieg in der Mark. Viele Städte, Burgen und Dörfer wurden verheert und verbrannt, und einige wurden mit Gewalt, andere durch Verrat auf die Seite des Markgrafen Woldemar gebracht. Die Bürger in einzelnen Städten verderbten und verbrannten sich untereinander«, (9) berichtet die Magdeburger Schöppenchronik. Nur wenige Städte, darunter Berlin- Cölln, hielten noch zu den Wittelsbachern. In Berlin sollen Kämpfe ausgebrochen sein; (10) nach Ernst Fidicin (1802–1893) haben sich Berlin und Cölln unterworfen, »ohne Widerstand zu leisten«. (11) Eine wichtige Rolle mag bei alledem die im Herbst 1348 schnell und furchtbar in der Mark Brandenburg um sich greifende Pest gespielt haben, vielleicht auch ein im September 1348 (ein genaues Datum ist unbekannt) vermerkter Stadtbrand, anscheinend der erste größere von jenen, die im 14. Jahrhundert Berlin und Cölln verheerten (1376, 1380). Nachdem die Doppelstadt »gefallen« war, huldigte auch sie dem Waldemar- Imitator. Mit Raffinesse ließen sich die Spreestädte ihr Umschwenken am 21. September 1348 honorieren, nachdem sie erst Monate zuvor (12. Juni 1348) von Markgraf Ludwig »Gnadenerweise« erhalten hatten. (12) Der Imitator bestätigte seinen »lieben getreuen Bürgern zu Berlin und Cölln« in verbindlichster Form alle ihre Rechte und Freiheiten. Er versprach ihnen, die im Lande ansässigen Ruhestörer zu verfolgen, ihnen die Schlösser mit Hilfe der märkischen Städte zu zerstören, sie von der Belegung mit Soldaten zu befreien, sagte ihnen zu, Verbrechen nach Stadtrecht zu ahnden und stellte ihnen sogar frei, insofern er sein Wort nicht halten würde, sich mit den übrigen Städten einen anderen Landesherrn zu wählen. (13) Am folgenden Tag trotzten Berlin und Cölln dem falschen Markgrafen noch das Zugeständnis ab, den Bürgern eine Abgabe an die dortigen markgräflichen Getreidemühlen zu erlassen, und er versprach ihnen, für erlittene Brandschäden aufzukommen. Dafür gewährten Berlin- Cölln dem angeblichen Waldemar sogar ein Darlehen in einer für die damalige Zeit bedeutenden Summe von 208 Pfund Silbers und 48,5 Mark. (14) Es versteht sich, daß die Kulanz des Imitators für Berlin und Cölln Grund genug war, an der »Echtheit Waldemars« nicht zu zweifeln! Markgraf Ludwig indes war sehr erbost über den »Verrat« der Berliner. Er ließ die Stadt 1349 durch seinen Verbündeten, König Waldemar IV. von Dänemark (1340–1375) belagern – allerdings vergeblich.

Nachdem Ludwig, gestärkt durch den Bund mit Dänemark und Pommern, in Brandenburg wieder Boden gewonnen hatte, lenkte Karl IV. ein, möglicherweise sogar unter dem Einfluß eines ihn 1350 plagenden schweren Nervenleidens, und strebte nun mit den Wittelsbachern eine gütliche Einigung an. Der »falsche Waldemar« paßte nicht mehr in sein Konzept – der Gaunerstreich ging zu Ende. Am 7. Februar 1350 veranlaßte Karl IV. zu Bautzen eine erneute Untersuchung der »Echtheit Waldemars«. Bereits nach einer Woche kamen »erste Zweifel« auf. Am 29. März 1350 benachrichtigte König Karl von Prag aus Berlin und Cölln, daß Waldemar »nicht der eigentliche und wahre Waldemar sei«. (15) Am 6. April 1350 schließlich wurde der Imitator auf dem Reichstag zu Nürnberg öffentlich zum Betrüger erklärt. Der König belehnte erneut den Wittelsbacher Ludwig den Älteren sowie dessen Brüder Ludwig VI. den Römer (1330–1365, Mgf. seit 1351) und Otto V. den Faulen (1341–1379, Mgf. von 1351–1373) mit Brandenburg. Dennoch hielt ein Teil der Mark noch immer dem entlarvten Waldemar die Treue. 1352 söhnten sich schließlich auch Berlin und Cölln mit den Wittelsbachern aus. Nachdem am 24. Dezember 1351 Ludwig der Ältere die Mark seinen Brüdern übergeben hatte, bestätigen die Ludwig- Erben am 4. Januar 1352 Berlin und Cölln ihre Rechte und Freiheiten. Wieder einmal hatten es die Spreestädte verstanden, »neue politische Rahmenbedingungen« positiv für sich zu nutzen!

Und der Bluffer Waldemar? Er entsagte erst am 10. Mai 1355 förmlich der Herrschaft über Brandenburg. Aber statt einer Bestrafung wurde dem Scharlatan eine fürstliche Behandlung seitens der askanischen und luxemburgischen Dynastie zuteil. Bis zu seinem Tode 1356 lebte er »in stiller Verborgenheit zu Dessau am Hofe der Fürsten von Anhalt«. Er soll dort sogar in der Fürstengruft beigesetzt worden sein. Karl IV. erreichte 1373 sein Ziel, vielleicht auch dank des Gaunerstreichs des »falschen Waldemars«, der die Herrschaft der Wittelsbacher in der Mark erschüttern half; die Mark fiel durch Krieg, Heirat (Otto der Faule wurde Schwiegersohn Karls IV.) und Geldzahlungen (»ein Jahrgeld von 3 000 Schock Prager Groschen«) an das Haus Luxemburg, nachdem sie schon 1356 (durch die sogenannte Goldene Bulle Karls IV.) zum Kurfürstentum erhoben worden und 1367 die Niederlausitz durch Kauf an Böhmen gefallen war. Berlin und Cölln verstanden es abermals, auch aus der Schwäche der neuen Landesherren aus dem Geschlecht der böhmischen Luxemburger Nutzen zu ziehen. Sie bauten ihre Privilegien weiter aus, so etwa 1391 durch den Erwerb der Gerichtsgewalt von Markgraf Jobst von Mähren (1388–1411). In dieser Zeit wurde Berlin- Cölln zur führenden Stadtgemeinde und zum städtischen Mittelpunkt der Mark Brandenburg, stand 1393 an der Spitze eines großen märkischen Städtebundes, der dem Raubrittertum ein Ende machte, und hatte den Höhepunkt seiner selbständigen und machtpolitischen Stellung erreicht – bevor 1411 die Herrschaft der Hohenzollern in der Mark begann.

Bliebe noch die Frage: Wer war eigentlich in die Rolle des Waldemar- Imitators geschlüpft? Die einen glaubten, in ihm den Müllerburschen Jakob Rehbock aus Hundeluft (Anhalt) erkannt zu haben, der viele Jahre dem echten Waldemar gedient und ihn daher gut gekannt haben soll, andere hingegen schworen darauf, daß es sich um den Bäckergesellen Meinecke aus Be(e)litz in Brandenburg gehandelt haben soll. Völlig einig war man sich darin, daß der falsche dem echten Markgrafen Waldemar sehr ähnlich gewesen sei.

»Seine Geschichte aber beweist«, resümierte mit erhobenem Finger die »Geschichte des preußischen Vaterlandes«, »wie gesegnet das Andenken eines trefflichen Regenten ist.« (16) Man schrieb ja das Drei-Kaiser- Jahr 1888 ...

Quellen und Anmerkungen:

1) Diese Darstellung folgt Ludwig Hahn: Geschichte des preußischen Vaterlandes, 21. Auflage, Berlin 1888, S. 30–32; ähnlich in Berlinische Chronik, hrsg. von dem Verein für die Geschichte Berlins durch E. Fidicin, Berlin 1868, Sp. 85 f.; allerdings verlegt Fidicin den Hergang in den Monat August.

2) 1134 belehnte Kaiser Lothar III. von Supplinburg (1125–1137, Kaiser seit 1133) den Grafen von Ballenstedt Albrecht der Bär (um 1100–1170) aus dem Geschlecht der Askanier (zu deren Stammgütern neben Anhalt und Ballenstedt auch die Burg Askanien bei Aschersleben gehörte) mit der Nordmark. Nach der Eroberung der Brennaburg 1157 erklärte sich Albrecht zum ersten Markgrafen von Brandenburg. Durch Krieg, Kauf und Heirat vergrößerten sechs Generationen brandenburgisch- askanischer Herrscher erheblich ihr Territorium.

3) Vgl. z. B. Heinrich Pleticha: Ludwig der Baier und Karl IV., In: Deutsche Geschichte, Band 4, hrsg. von Heinrich Pleticha, Gütersloh 1993, S. 143–198

4) Vgl. Berlinische Chronik, a. a. O., Sp. 61

5) Der Propst hatte öffentlich im Streit zwischen Papst Johannes XXII. und den Wittelsbachern gegen Ludwig Partei ergriffen. Anhänger des Papstes wie Propst Nikolaus hetzten gegen die Wittelsbacher und bekannten sich zur sächsisch- askanischen Gegenpartei. Am 16. August 1325 wurde der Propst von einer erregten Volksmenge vor der Marienkirche erschlagen und öffentlich verbrannt. Der Papst verhängte über die Doppelstadt den Kirchenbann, der das politische und wirtschaftliche Leben erheblich einengte, und aus dem sie erst 1347 entlassen wurde.

6) Vgl. Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin (1237–1411), In: Geschichte Berlins, 1. Band, hrsg. von Wolfgang Ribbe, München, 2., durchgesehene Auflage 1988, S. 203

7) Georg Webers Lehr- und Handbuch der Weltgeschichte, 21. Auflage, 2. Band: Mittelalter, 4. Abdruck, Leipzig 1910, S. 575, und Heinrich Pleticha: Ludwig der Baier und Karl IV., a. a. O., S. 176

8) 1347–1351 wurde Europa von einer der ersten großen Pestwellen des Mittelalters heimgesucht. Über das Mittelmeer nach Italien und Südfrankreich eingeschleppt, fielen der indischen Beulenpest unzählige Menschen zum Opfer. An manchen Orten soll bis zur Hälfte der Bevölkerung gestorben sein. Die Pest beeinflußte in starkem Maße auch das politische Leben und diente als Anlaß für Judenpogrome. (Vgl. Heinrich Pleticha: Schwarzer Tod und Geißlerzüge, In: Deutsche Geschichte, Band 4, a. a. O., S. 186 und 199–213)

9) Zit. nach: Georg Holmsten: Die Berlin- Chronik. Daten, Personen, Dokumente, Düsseldorf 1984, S. 47

10) Vgl. Laurenz Demps/Ingo Materna u. a.: Geschichte Berlins von den Anfängen bis 1945, Berlin 1987, S. 113

11) Vgl. Berlinische Chronik, a. a. O., Sp. 85

12) Vgl. ebenda

13) Vgl. Historisch- diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin, 3. Teil: Berlinische Regenten von 949 bis 1550, hrsg. von E. Fidicin, Berlin 1837 (Nachdruck der Originalausgabe, 1990), S. 222/223 und Berlinische Chronik, a. a. O., Sp. 85

14) Vgl. ebenda, S. 223, sowie Berlinische Chronik, Sp. 86/87

15) Ebenda, S. 225

16) Ludwig Hahn: Geschichte des preußischen Vaterlandes, 21. Auflage, Berlin 1888, S. 33

© Edition Luisenstadt, 1997, www.luise-berlin.de


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